Einige der dringlichsten Fragen der Wissenschaft betreffen die Ursprünge des Lebens auf der Erde. Wie sind die ersten Lebensformen aus den scheinbar feindlichen Bedingungen hervorgegangen, die unseren Planeten während eines Großteils seiner Geschichte plagten? Was ermöglichte den Sprung von einfachen einzelligen Organismen zu komplexeren Organismen, die aus vielen Zellen bestehen, die zusammenarbeiten, um zu metabolisieren, zu atmen und sich zu reproduzieren? Wie trennt man in einer so ungewohnten Umgebung überhaupt „Leben“ vom Nichtleben?
Wissenschaftler der Universität von Hawaii in Manoa glauben, dass sie möglicherweise eine Antwort auf mindestens eine dieser Fragen haben. Laut dem Team könnte ein lebenswichtiger zellulärer Baustein namens Glycerin zuerst durch chemische Reaktionen tief im interstellaren Raum entstanden sein.
Glycerin ist ein organisches Molekül, das in den Zellmembranen aller Lebewesen vorhanden ist. In tierischen Zellen hat diese Membran die Form einer Phospholipid-Doppelschicht, einer zweischichtigen Membran, die wasserabweisende Fettsäuren zwischen äußeren und inneren Schichten wasserlöslicher Moleküle einschließt. Diese Art von Membran ermöglicht es der inneren wässrigen Umgebung der Zelle, getrennt und geschützt von ihrer äußeren, ähnlich wässrigen Welt zu bleiben. Glycerin ist ein wichtiger Bestandteil jedes Phospholipids, da es das Rückgrat zwischen den beiden charakteristischen Teilen des Moleküls bildet: einem polaren, wasserlöslichen Kopf und einem unpolaren, fettigen Schwanz.
Viele Wissenschaftler glauben, dass solche Zellmembranen eine notwendige Voraussetzung für die Entwicklung des vielzelligen Lebens auf der Erde waren. Ihre komplexe Struktur erfordert jedoch eine sehr spezifische Umgebung - nämlich eine Umgebung mit niedrigem Calcium- und Magnesiumsalzgehalt mit einem ziemlich neutralen pH-Wert und einer stabilen Temperatur. Diese sorgfältig ausgewogenen Bedingungen wären auf der prähistorischen Erde schwer zu bekommen gewesen.
Eisige Körper, die im interstellaren Raum geboren wurden, bieten ein alternatives Szenario. Wissenschaftler haben bereits organische Moleküle wie Aminosäuren und Lipidvorläufer im Murchison-Meteoriten entdeckt, der 1969 in Australien gelandet ist. Obwohl die Idee umstritten bleibt, ist es möglich, dass Glycerin auf ähnliche Weise auf die Erde gebracht wurde.
Meteore bilden sich typischerweise aus winzigen Materialkrümeln in kalten Molekülwolken, Regionen mit gasförmigem Wasserstoff und interstellarem Staub, die als Geburtsort von Sternen und Planetensystemen dienen. Während sie sich durch die Wolke bewegen, sammeln diese Körner Schichten aus gefrorenem Wasser, Methanol, Kohlendioxid und Kohlenmonoxid an. Im Laufe der Zeit bombardieren hochenergetische ultraviolette Strahlung und kosmische Strahlung die eisigen Fragmente und verursachen chemische Reaktionen, die ihre gefrorenen Kerne mit organischen Verbindungen anreichern. Später, wenn sich Sterne bilden und Umgebungsmaterial in die Umlaufbahn um sie herum fällt, werden das Eis und die darin enthaltenen organischen Moleküle in größere felsige Körper wie Meteore eingebaut. Die Meteore können dann gegen Planeten wie unseren stoßen und sie möglicherweise mit Bausteinen des Lebens besäen.
Um zu testen, ob Glycerin durch die energiereiche Strahlung erzeugt werden kann, die typischerweise interstellare Eiskörner bombardiert, entwarf das Team der Universität von Hawaii eigene Meteoriten: kleine Stücke eisigen Methanols, die auf 5 Grad Kelvin abgekühlt sind. Nachdem die Wissenschaftler ihre Modelleis mit energetischen Elektronen gestrahlt hatten, die die Auswirkungen der kosmischen Strahlung nachahmen sollten, stellten sie fest, dass sich einige Methanolmoleküle im Eis tatsächlich in Glycerin umwandelten.
Während dieses Experiment ein Erfolg zu sein scheint, stellen Wissenschaftler fest, dass ihre Labormodelle die Bedingungen im interstellaren Raum nicht genau replizieren. Beispielsweise macht Methanol traditionell nur etwa 30% des Eises in Weltraumgesteinen aus. Zukünftige Arbeiten werden die Auswirkungen energiereicher Strahlung auf Modelleis untersuchen, das hauptsächlich aus Wasser besteht. In einem Labor abgefeuerte hochenergetische Elektronen sind auch kein perfekter Ersatz für echte kosmische Strahlung und stellen keine Auswirkungen auf das Eis dar, die durch ultraviolette Strahlung im interstellaren Raum entstehen können.
Weitere Forschung ist erforderlich, bevor Wissenschaftler globale Schlussfolgerungen ziehen können. Diese Studie und ihre Vorgänger liefern jedoch überzeugende Beweise dafür, dass das Leben, wie wir es kennen, wirklich von oben kommen könnte.